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Bet(t)ruftrichter

2024, Klangwelt Toggenburg (CH)

Drei rund 2x3 Meter grosse Bet(t)ruftrichter aus Holz stehen auf dem Klangweg Toggenburg. Die Installationen lassen die Kultur und das Brauchtum der Region anklingen und ermöglichen eine intensive Erfahrung der Klanglandschaft des Toggenburg. Einer der Bet(t)ruftrichter ist ein Geschenk der Ortsbürgergemeinde St. Gallen. Bis August 2024 stand er vor dem Stadthaus und damit symbolisch für den Ruf von Berg zu Tal, die Verbindung von Stadt und Bergwelt und die Zusammenarbeit zwischen der Ortsbürgergemeinde St. Gallen und der Klangwelt Toggenburg. Inzwischen hat der Bettruftrichter weitere Stationen besucht. Nach seinem Aufenthalt in der Stadt St. Gallen wurde er in Rapperswil-Jona und anschliessend in Buchs SG präsentiert.

Die drei Trichter sind gross wie Betten und laden die passierenden Menschen zu einer lauschigen und lauschintensiven Ruhepause im Liegen ein. Das Besondere: Jeder der ‹Bett›-Trichter ist zugleich ein Schalltrichter, der alle Klänge der Umgebung deutlich verstärkt. In ihrer Form erinnern sie an den auch im Toggenburg verwendeten Betruftrichter – nur sind sie deutlich grösser.

Milch, Bett und Gebet

Der Betruftrichter ist der Bautradition nach ein Milchtrichter. So ein Milchtrichter aus Holz wurde vom Senn oder der Sennerin mit Tannenzweigen gefüllt, um die frische Milch auf der Alp zu filtern und von eventuell darin schwimmendem Stroh zu befreien. Die Toggenburgerin Jodlerin Sonja Lieberherr, die auch den traditionellen Betruf ausübt, beschreibt den Vorgang:

«Nach der Arbeit ging der Älpler oder Hirte oder Senn dann mit dem Trichter raus ans Kreuz und hat den Alpsegen hindurch gerufen, damit der Ruf möglichst weit klingt. Die Idee dahinter ist, dass alles, was sich in diesem Klangraum befindet, für die Nacht geschützt ist. Denn wenn ich mich als Mensch in der Verantwortung für das Vieh befinde und in dieser rauen Bergwelt ausruhe, muss ich alles Leben etwas Höherem überantworten. Durch den Alpsegen wird einem also auch bewusst, wie klein und zugleich integriert ich als Mensch bin.»

Sonja Lieberherr , Jodlerin

Der Betruf

Das Rufen von der Alp – das zunächst ‹Ave-Mariarüeffen› genannt wurde – ist als Ritual der Sennen und Senninen fest im Schweizerischen Brauchtum verankert. Es hat sich über Jahrhunderte aus dem Gregorianischen Choralgesang entwickelt. Der früheste Nachweis stammt aus dem 16. Jahrhundert und betrifft das Betrufen von den Alpen des Pilatus.

Klang senden und empfangen

Auch im Toggenburg hat das Betrufen eine lange Tradition, die zum Beispiel von Sonja Lieberherr weiter gepflegt wird. Während die in den Alpen verwendeten Betruftrichter den Klang des Alpsegens weit in die Landschaft hineintragen, holen die Bet(t)ruftrichter auf dem Klangweg Toggenburg hingegen alle Geräusche und den Klang der Umgebung in ihr Inneres hinein, verstärken sie und lenken sie tief in die Ohren der Ruhenden. So vereinen sich das Senden und Empfangen von Klang in dieser Installation – eine Einladung, die Klangwelt Toggenburg in ihrer charakteristischen Vielfalt wahrzunehmen.

Über den Künstler

Idee & Konzept: Klangwelt Toggenburg, Christian Zehnder / Idee und Klang Audio Design Produktion: Blumer-Lehmann AG

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